Warum wir unsere Pflanzen selbst aufziehen
Die Jungpflanzenanzucht ist die Kinderstube unserer Gärtnerei. Hier ist der Ort, an dem die wundersame Verwandlung geschieht, die selbst hartgesottene Gärtner immer noch staunen lässt: dass aus einem kleinen, harten Samenkorn plötzlich ein zartes, grünes Pflänzchen sprießt.
Um Keimen zu können, braucht es allerdings mehr als nur Samen und Erde: es kommt auf die richtige Mischung von Wärme, Wasser, Licht und Luft an. Manche Pflanzen brauchen einen Kältereiz, andere wiederum keimen am besten, wenn es dunkel ist. Und fast alle haben gemeinsam, dass sie in diesem ersten Stadium keine Fehler verzeihen.
Die Anzucht ist dadurch so etwas wie die Intensivstation unserer Gärtnerei. Jedenfalls ist nirgends der Kontakt zur Pflanze so nah und die wache Beobachtung so gefordert wie hier.
Die Anzucht ist außerdem der Ort für Feinmotorik: Da nützt kein Hightech-Schlepper und kein Vollernter, es braucht einfach Finger und ein gutes Gespür fürs Pikieren und Veredeln. Veredelt werden bei uns Fruchtgemüse wie Tomaten oder Gurken, die dadurch widerstandsfähiger gegen Krankheiten werden und meistens auch höhere Erträge bringen. Früh um fünf geht es an Veredelungstagen los, mit Rasierklinge für präzise Schnitte und einer großen Portion Geduld für manchmal endlos erscheinende Paletten mit Mini-Pflänzchen.
Im Gärtnerjahr ist die Jungpflanzenanzucht immer der Jahreszeit voraus: Während das Gewächshausteam im Herbst die letzten Tomaten erntet, sät die Anzucht die ersten Frühjahrssalate. Und während die Freiländer sich im Winter die Finger abfrieren, stehen Judith und Alexej bei angenehmen Frühjahrstemperaturen im Glashaus und pikieren schon das Fruchtgemüse für den Sommer.
Kurz bevor die Gärtnersaison dann auch draußen wieder startet, stehen im Anzuchttunnel auf 600 Quadratmetern all die Pflanzen, die später 40 Hektar Ackerland und Gewächshäuser füllen werden - also ganz Piluweri im Kleinformat.
Wir begleiten unsere Pflanzen also rund ums Jahr von der Aussaat bis zur Ernte. Das ist ein Arbeitsaufwand, den sich nicht mehr allzu viele Gärtnereien leisten - man kann die Pflänzchen schließlich auch einfach im Internet von einem spezialisierten Aufzuchtbetrieb bestellen.
Uns aber ist es wichtig, die Anzucht selbst zu machen. Dadurch sind wir bei der Sortenwahl unabhängig und können mit der Vielfalt experimentieren, statt nur das anzubauen, was im Katalog angeboten wird. Unsere eigenen Züchtungen wären ohne eigene Anzucht nur schwer möglich - denn da geht es darum, Zuchtlinien verfolgen zu können, die sich vielleicht nicht "lohnen", aber gut schmecken und uns auf die richtige Fährte zum Weiterzüchten führen.
Bei Pflanzen ist es übrigens nicht anders als bei Menschen: Wenn der Start ins Leben gut läuft, dann ist eine Grundlage gelegt, die hilft, auch miese Wetterlagen und Wanzen-Invasionen gut zu überstehen. Was in der ersten Zeit schief läuft, ist dagegen schwer wieder auszugleichen – für eine Pflanze noch mehr als für einen Menschen.
Die Gurken auf dem Foto sind in ungefähr zwei Wochen groß genug, um vom Pflanzenkindergarten ins Gewächshaus umzuziehen. Nach fünf Wochen tragen sie die ersten Früchte und wir können fast den ganzen Sommer lang ernten. Die Qualität unserer Jungpflanzen schafft dafür die Grundlage und macht die Gärtnerei zu einem runden Betrieb.
Gärtnertipps für Einsteiger!
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