Ganz ohne Chemie? Geht das überhaupt?

Ja, es geht. Aber es braucht viel Arbeit und Aufmerksamkeit, damit es nicht nur im Privatgarten, sondern auch in einer Gemüsegärtnerei funktioniert. Als bio-dynamisch arbeitende Gärtner stehen uns keine scharfen, sofort wirkenden Mittel zu Verfügung, um die Ernte zu retten, falls Viren oder Pilze sich an unseren Pflanzen vermehren. Statt die Symptome zu bekämpfen, gilt also beim Gärtnern das Gleiche wie sonst im Leben: Vorbeugen ist besser als Heilen.

Fast alles, was wir im Gärtnereialltag machen, hat damit zu tun: Die Sortenwahl, die Fruchtfolge, der Kompost. Und im Gewächshaus das, was wir „Kultursteuerung“ nennen: Jener Balanceakt zwischen Wärme und Kälte, Licht und Dunkelheit, Trockenheit und Feuchtigkeit - je nach Pflanzenart und Wetterlage geht es immer wieder neu darum, den Ausgleich zu schaffen, den die Natur in einer Gärtnerei nicht selber schaffen kann.

Die Herausforderung für uns ist: Jeden Tag wach und aufmerksam zu sein. Läuse zu bemerken, bevor sie überhandnehmen, Mehltau zu entdecken, bevor er sich ausbreitet. Und so viel Erfahrung zu haben, dass wir im Voraus ahnen: In vier Wochen taucht hier wahrscheinlich die Lauchmotte auf, also gilt es, jetzt vorzusorgen. Im Freiland ist dafür John zuständig, im geschützten Anbau Mathias - seinem prüfenden Blick entgeht hier kein noch so kleiner Käfer.

Und was, wenn Schädlinge schneller sind als wir? Kommt vor. Nicht nur ab und zu, sondern immer wieder. Wir sind keine isolierte Insel, sondern unsere Arbeit steht im Zusammenhang mit der umgebenden Landschaft und den Klimaveränderungen, die Landwirte und Gärtner vielleicht noch deutlicher spüren als andere.

Japanische Reiswanzen und Lauchminierfliegen gab es zu unseren Anfangszeiten in Südbaden so gut wie gar nicht. Jetzt gehören sie zum Gärtneralltag. Eingeschleppt wurden sie durch den internationalen Warenverkehr – doch erst die Klimaerwärmung ermöglicht ihnen, hier zu überleben und sich dauerhaft anzusiedeln.

Bevor ein Insekt in unseren Kulturen Schaden anrichtet, setzen wir auf Nützlinge. Mathias bestellt sie bei Zuchtfirmen, bekommt dann ein Paket mit Bohnenblättern und darauf ein paar tausend fast unsichtbare Tierchen. Einmal verteilt überlassen wir ihnen den Rest der Arbeit: Schlupfwespen halten die Läuse in Schach und Raubmilben die Spinnmilben.

Im Freilandanbau nützt es reichlich wenig, eine Pappschachtel mit Nützlingen zu öffnen. Dafür gibt es eine andere Möglichkeit: nämlich unsere Felder mit Blühstreifen so zu gestalten, dass Florfliegen, Schlupfwespen und Marienkäfer hier einen Lebensraum finden, in den sie aus eigenem Antrieb kommen - und bleiben.

Auf den Äckern zeigt sich am deutlichsten, wie alles ineinandergreift: Je besser der Kompost, desto besser der Boden, desto gesünder die Pflanzen. Johns größtes Anliegen ist eine gut durchdachte Fruchtfolge, bei der verschiedene Pflanzenfamilien einander abwechseln. Entsteht aus all dem ein lebendiges Ökosystem, dann können auch ein paar Läuse auf dem Blatt sitzen oder eine Lauchmotte vorbeifliegen.

Das halten die Pflanzen gut aus. Und unsere Gärtnernerven auch.

Und wie ist es mit dem Dünger?

Aus Gärtnersicht sind Pflanzenschutz und Düngung zwei sehr verschiedene Themen, aber wir werden oft im gleichen Atemzug dazu gefragt. 

Die Grundlage unserer Düngung ist: 

  • unser eigener Kompost 
  • der Anbau von verschiedenen Gründüngungskulturen 

Bei Gemüsearten, die einen hohen Nährstoffbedarf haben, setzen wir zusätzlich folgende organische Handelsdünger ein: 

  • Hornspäne 
  • Schafwollpellets